Donnerstag, 3. Januar 2013

400 Km Brevet in Oslo / Norwegen / 2008 - 400 Km Brevet oder "Radsport als Wassersport"


Gestarten sind wir gestern samstag den 24. mai 2008, um 7 Uhr morgens. Wie immer mit dem Organisator einige Minuten nach puenktlich 7 Uhr, so dass ich noch Zeit hatte (mir gluecklicherweise nehmen konnte) um hinter einem BMW auf einem Anhaenger fuer Autos kurz zu pinkeln.

Ich hatte an dem 300 Km brevet vor 2 Wochen nicht teilgenommen, da ich erkaeltet war und etwas Angst hatte, dass diese Anstrengung das Heilprozess hinderlich waere... So war ich nicht wirklich trainiert, die Erkaeltung ging auch ueber das letzte Wochenende (Donnerstag und Freitag vor eine Woche bin ich krank einfach zu Hause geblieben, nicht zur Arbeit gefahren -Halsschmerzen-), und auch zu Hause habe ich in den letzten 20 Tagen nicht trainiert.

Fuer gestern Samstag sollte, laut Wetterbericht, am Vormittags bis Mittags Regenschauer geben, dannach am Nachmittag und am Sonntag besser werden, spricht trocken bleiben.
Am Samstag morgens, als ich gegen 6 Uhr 20 zum Treffpunkt losgefahren bin, regnete es, so dass ich gleich an meinen Fuessen die Brottueten angebracht hatte, von denenn ich mich erhofft hatte, die Fuesse eine Zeit trocken zu halten, zumal es nur bis Mittag gelten sollte, und wenn auch die Fuesse nass werden wuerden, wuerden sie am Nachmittag mit Fahrwind und etwas mehr Waerme unterwegs trocken werden.

Gekleidet war ich auch ganz normal fuer den nicht so kalten Wetter, also langarmiges Trickot, lange Hose, 2 Paar Struempfe, Radjacke und Regenjacke (die auch ganz gut gegen Fahrwind schuetzt). Also los nach Helsfyr...

Die Gruppe war, wie ich auch erwartet habe, -ab 400 Km- eigentlich frauenlos, ich schaetze, dass ich auch der juengste Mitglied war, der Organizator und noch ein alter Mann sind sicherlich ueber 60 Jahre alt, ich glaube mich erinnern zu koennen, dass der Organizator 67 ist...

Alle Raeder waren Rennraeder und in Allgemeinen gute teure, bis auf meinem, immerhin mit Tiagra Schaltung (die billigste von Shimano) und das Rad des alten Mannes, das noch eine der alten Schaltung am Rahmen hatte, der mit urigem Bart, der hatte sich auch mit Einkauf-Plastik-Tueten die Fuesse dicht gemacht, sah schon lustig aus, und, was mich etwas gewundert hatte, hatte merkwuerdige Lederhandschuhe (wie alte Arbeitshandschuhe), die von der Rueckseite so geschnitten waren, dass die Hand eigentlich "nackt" war, nur ein Streifen hielt das Handschuh fest... gut um Sonne an der Hand zu bekommen, schlecht eigentlich fuer alles andere... Ansonsten alle Mitfahrer gut verpackt mit Regenzeug, Ruecksack usw, ich eigentlich ganz einfach, 10 Muesliriegel und Licht fuer die Nacht und das Notwendigste an Reperaturzeug.

Die letzte Woche hatte ich auch die Bremsklotze vorn ausgetauscht und dann auch bei der Fahrt zum Treffpunkt bemerkt, dass die Bremse nicht richtig mittig war und das Vorderrad streifte, also habe ich von dem urigen Mann einen verstellbaren Schluessel bekommen zum Zentrieren, das eigentlich verrostet und somit nicht justierbar war... wie auch immer, bin also so losgefahren.
Das Radfahren in Norwegen ist etwas unterschiedlich als in Deutschland: Es gibt viel mehr Toleranz zwischen Teilnehmer, das was ich in Deutschland nie erlebt habe, aber wohl in Italien z.B., dass ein Autofahrer sich mit einem kurzen Hupen bedankt, nach dem Ueberholen, weil man ihm mit einem Handzeichen signalisiert hat, dass er ueberholen kann (als Fahrer vorn hat man natuerlich eher ein Ueberblick ueber die Strassenverhaltnissen), oder kurz vor dem Ueberholen (pass auf, ich komme) habe ich gestern erfahren. Der Deutsche kann nicht kurz Hupen, dort gibt es nur das lange und das ganz lange Hupen ("WEG DAAA" und "WEG DAA-AAA!!"). Gestern bin ich allerdings auch mit einem "WEG DAA!!" Hupen badacht worden: Ich fahre vorne von der Gruppe in Windarbeit und uebersehe, dass es ein Fahrradweg ploetzlich existiert, 4 der Gruppe kennen das wahrscheinlich und wechseln dorthin. ich und noch einem hinter mir bleiben auf der Hauptstrasse. Ein schwarzes Mercedes hupt und ueberholt mit einem knappen Meter zu uns sehr schnell, was eigentlich (nach deutschem Empfinden) eher Noetigung war, weil zu dem Augenblick gab es ueberhaupt keinen Gegenverkehr: er haette ruhig die ganze Gegenspur benutzen koennen. Das ist eigentlich das typische deutsche Verhalten, versuchen anderen Menschen zu "erziehen". Das Auto hatte eigentlich ein Norwegisches Kennzeichen... Doch das Auto- und Radfahren in Norwegen hat auch einige gefaehrliche Seiten: Man muss viel mehr auf der defensive Art und Weise fahren und auf keinen Fall sich daran verlassen, dass die anderen Teilnehmer sich Verkehrskonform verhalten wird. Das faengt schon mit dem "rechts vor links": Es kommt durchaus vor, dass aus kleinen unscheinbaren Strassen ohne Stoppschild Autos in der Hauptstrasse reingeschossen kommen ohne links zu gucken; da muss man schon recht defensiv fahren, oder man soll sich auch im Kreisverkehr nicht darauf verlassen, dass ein Auto auch wirklich stoppt vor dem Einfahren... Und das Asfalt auf den Strassen haben oft, sehr oft riesige Loecher, die mich sehr an die Mongolei erinnern! ;-) Immerhin auch auf dem Weg nach Hause, alleine auf dem Riksvei 4 wurde ich auch von einem Transporter angehupt, lange, nach dem "WEG DAA-AA!"-Muster, und das gegen Mitternacht (23:50 uhr); um die Zeit bedenke ich nicht irgendwelche dunklen gefaehrlichen Radwege zu benutzen!

Die erste 60-70 Km hat es geregnet, nach genau eine Stunde ist das Wasser in meinen Fuessen schlagartig reingestroemt, so lange hat die BrotTueteLoesung gehalten. Haende nass, Fuesse nass... Die Handschuhe sind zwar ganz-Hand mit allen Finger und fuer die Kaelte schon geeignet, aber gegen Wasser ist da kaum schutz. Ich habe aber natuerlich die Hoffnung, dass es wie das Wetterbericht schreibt, Nachmittags trocken wird. Dann haben wir etwa 60 Km ohne Regen gehabt, einen Augenblick lang scheint auch so viel Sonne, dass Mensch und Fahrrad sogar einen Schatten werfen. Da aber meine Finger eher klamm sind von der Kaelte schaffe ich es nicht, unterwegs meine Muesliriegel zu essen und somit werde ich etwas Energielos, vor allem an Steigungen muss ich langsamer treten, bei jeder pause versuche ich 2 Riegel zu essen, bei der 1. Station (Tankstelle) kaufe ich Salzstangen (auch viel Salz braucht man) und in der Toilette werfe ich die alten Brottueten und quetsche das Wasser aus den Struempfen, trotzdem sind und bleiben die Fuesse, Struempfe und Schuehe nass. Bei der 2. Station (Kontrolle) trinke ich einen Kaffee, (Schoen, was warmes im Magen zu bekommen!).
Die 3. Station soll Lillehammer werden, bei Km 220. So 15 Km vor Lillehammer hat einer der radfahrer (Pinarello Rad) ploetzlich einen Problem mit seinem Lenker, die Schrauben sitzen nicht mehr fest, der Lenker "tanzt". Somit kann er eigentlich nicht mehr fahren; zu gefaehrlich, wenn er die Kontrolle verliert kann er im Graben landen oder, noch schlimmer vor einem entgegenkommenden Auto... Ich warte kurz bei dem, da die Gruppe zusammen halten sollte, (dennoch sind die 2 Schnellsten weit vorne gewesen) aber desto wichtiger ist es dann, unsere 4er -Gruppe zusammen zu halten, aber auch der Organizator ist weitergefahren, ich weiss aus Erfahrung aber, dass er auf uns warten wird. Ich esse einige Salzstangen, wir fahren weiter. Ein paar hundert Meter weiter; das Gleiche. Ich warte kurz und es wird mir kalt und ich sage, dass ich weiterfahre. Vielleicht ein Km weiter treffe ich den Organizator, der unter eine Wegbeschreibung-Ueberdachung wartet. Ich erzaehle ihm was passiert, dass ich glaube, dass der Pinarello-Fahrer glaubt, es reparieren zu koennen, aber dass ich nicht weiss, ob das geht (auch Erfahrung).
Wir warten und kurz darauf kommen beide, der Pinarello Fahrer meint, dass es so nicht weiter geht, er wohnt eigentlich auch in Lillehammer und will/wird also nach Hause fahren. Wir fahren weiter. Der faehrt schnell (trotz Lenker) und wir sind vorn. An der Kreuzung, wo er nach Hause fahren soll, warten wir, und warten lange, laenger als normal.
Beide kommen dann und sagen, dass der Organizator einen Schwaecheanfall gehabt hatte, und dass er auch nicht weiter faehrt. Seine Haende zittern.
Fahren wir also zu Zweit weiter bis zu dem Kro, wo wir essen sollten. Dort warten noch die 2 ersten, sind gerade dabei das Essen zu beenden. Der urige Mann, mit dem ich also die letzten Km gefahren bin, berichtet ueber die Lage und meint dazu, dass er auch abbricht und nach Oslo fahren will, da es ihm auch kalt und dass der Sport einem nicht umbringen soll. Ich behaupte, weiterfahren zu wollen. Es ist mir natuerlich auch sehr kalt und ich zittere sehr, ich weiss aber, dass das weg geht sobald ich auf dem Rad mich bewege, ich muss nur viele Kalorien essen, regelmaessig.

Im Kro gibt es keine Suppe (warm) und ich bestelle eine Omelette ohne alles, einen Kaffee, gehe zur Toilette und wiederhole die Prozedur des Struempfe trocknen, Handschuhe usw usf, tanke Wasser in meine Flache, und gehe essen. Aus dem Kaffee schuette ich aus lautem Zittern etwas aus, trinke es so schnell es geht und es geht mir etwas besser, esse schnell, denke nur an die Kalorien, es schmeckt wahrscheinlich auch nicht uebel ;-)

Als wir am Kro angekommen sind, war es schon 19 Uhr, als ich fertig bin, 19:25. Die beiden ersten machen aber keine Anstalten losfahren zu wollen und gucken eher nach draussen, wo alles grau in grau ist (das Wetterbericht war nicht voll zutreffend gewesen...).

Fragen bei der Rezeption nach Wetterprognosen und wo die Bahnstation ist. Sieht so aus, als wuerden beiden auch abbrechen wollen...
Ich denke kurz, was ich machen soll (Weiterfahren), aber denke, da das Wetter schlecht ist, ueber Nacht alleine ohne die Strecke richtig zu kennen, ich wuerde nicht als Vernuenftig betrachten so eine Unternehmung anzugehen, also beschliesse ich, bei den Beiden zu bleiben egal was sie vorhaben. Wir fahren also zur Hauptbahnhof in Lillehammer, was Skystation heisst (In Norwegen haben die Hauptbahnhoefen verschiedenen Namen). Dort treffen wir auf anhieb den urigen Mann, der sagt, in 40 Minuten (also 20:40) faehrt einen Buss nach Oslo. Zuege fahren keine mehr und sonst gibt es noch einen Buss um 4-5 Uhr morgens. Der Buss faehrt nur 3 mal am Tag, und wir sind zufaelligerweise am HBF 40 Minuten vor Abfahrt angekommen. Also nehmen wir das.

Wir warten bis dahin. Ich bin etwas durstig (vom Essen). Bus kommt. Bus stoppt nur an der Bus Zentrale in Oslo, nicht davor, wie ich gehofft habe. So muss ich von Oslo-Downtown nach Hause auf dem Berg fahren, was mir 45 Minuten kostet.

Fazit: Alle 6 Fahrer haben abgebrochen, wahrscheinnlich beim Warten auf dem Pinarello-Fahrer ist die Kaelte in den Fahrer gekrochen und sie zur Aufgabe gezwungen. Vielleicht besser so; Schicksal.

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